Herr Peter, wofür ist Meditation gut?
Es gibt viele Schlagwörter, mit denen für Meditation geworben wird: von Stress-Reduktion über Kreativitäts-Förderung bis hin zu Aspekten wie der Regulation des Blutdrucks und des Blutzuckerspiegels. Das sind alles ganz konkret greifbare Effekte, die auch wissenschaftlich belegt sind, aber ich finde es wichtig, eine Stufe früher anzusetzen.
Inwiefern?
Wir sind damit vertraut, unseren Körper zu pflegen, und wenn ich davon ausgehe, dass Körper, Seele und Geist eine Einheit bilden, dann ist es selbstverständlich, dass es auch Praktiken geben sollte, mit denen man Seele und Geist pflegt. Erkenne dich selbst – das ist meiner Meinung nach unsere größte Aufgabe. Und die Introspektion ist ein gut geeignetes Mittel dafür. Der Begriff Mentalhygiene wird schnell missverstanden, macht aber klar, worum es geht.
Was genau passiert denn in der Meditation?
Wenn ich meditiere, schärfe ich meine Sinne, meine Intuition, ich werde achtsamer.
Wie genau geht das?
Man trainiert, zurückzutreten, zu betrachten ohne zu bewerten und mit der Zeit lernt man, diese Haltung auf unterschiedliche Lebenssituationen zu übertragen, sich nicht so schnell verwickeln zu lassen und mit größerem Potenzial an komplexe Situationen heranzugehen.
Kann Meditation also unser Handeln verbessern?
Eindeutig ja. Meditation erweitert das Bewusstsein. Das Kognitive macht ja nur etwa 10 bis 15 Prozent unseres Potenzials aus. Wenn wir den Zugang zur Intuition stärken, können wir unsere emotionale Intelligenz in unser Handeln integrieren.
Das berühmte Bauchgefühl?
Ja, genau. Die Forschung spricht ja inzwischen von unserem „zweiten Gehirn“ im Bauch, das enorm wichtig ist. Es ist erwiesen, dass die Balance des Bakterienhaushalts im Darm Einfluss hat auf unsere Entscheidungen.
Warum ist es überhaupt wichtig, das Bewusstsein zu erweitern?
Die Erweiterung des Bewusstseins zielt auch darauf ab, sich als nicht getrennt zu erleben. Die Erfahrung der Einheit, im Christentum „Unio Mystica“ genannt, ist das Ziel der mystischen Traditionen aller Weltreligionen. Durch Meditation entwickle ich Empathie mit mir selbst und das führt zu mehr Empathie mit anderen Menschen und der gesamten Umwelt. Man wird also gemeinschaftsfähiger. Außerdem brauchen wir ein verändertes Bewusstsein, da wir unsere drängenden Probleme nicht mit dem Bewusstsein, das sie geschaffen hat, lösen können.
Ist Meditation denn für jeden geeignet?
Grundsätzlich ja. Wichtig ist, die passende Meditation zu finden, es gibt ja sehr viele unterschiedliche Formen. Daher möchten wir im Forum for Meditation and Neuroscience eine Art Toolbox anzubieten, damit jeder selbst erfahren kann, welche Form für ihn die passende ist.
Wovon hängt das ab?
Das kann von vielen Faktoren abhängig sein. Wenn jemand zum Beispiel gerade in einer depressiven Phase ist, kann die stille Meditation hinderlich sein, dann wäre eine dynamische Form geeigneter.
Jeder, der schon einmal versucht hat, zu meditieren, weiß, wie schwierig es ist, den Geist zu beruhigen. Dauert es lange, bis man das beherrscht?
Viele glauben, dass es Jahre dauert, bis die ersten Ergebnisse spürbar werden, da wiederspreche ich. Ich habe genügend Erfahrung gesammelt, um sagen zu können, dass bereits nach einer Meditation Bewusstseinsveränderungen spürbar werden können. Unmittelbare Effekte erlebt man zum Beispiel durch bestimmte Atemtechniken wie das Holotrope Atmen. Ich habe erlebt, dass ich während einer solchen Atmung selbst den größten Feind ins Herz geschlossen habe, so dass ein ganz anderer Umgang möglich wurde.
Wie haben Sie Meditation für sich entdeckt?
Erste Erfahrungen mit Meditation habe ich bereits als Kind gemacht. Ich habe 20 Minuten auf einem Baum geschaut oder auf ein Auto, das vor meinem Fenster parkte und festgestellt, dass meine Wahrnehmung sich veränderte. Das habe ich als sehr wohltuend empfunden. Ich glaube, dass viele Kinder sehr schnell in einen meditativen Zustand kommen und das später verlernen.
Welchen Platz hat Meditation heute in Ihrem Alltag?
Wenn ich zweimal am Tag 10 oder 20 Minuten meditiere, mich in meinen inneren Tempel zurückziehe, bedeutet das für mich Glückseligkeit. Das verändert meinen Alltag. Die Neurowissenschaften haben ja inzwischen nachgewiesen, dass solche Glücksmomente das Gehirn verändern. Die positiven Effekte, die das hat, sind enorm.