Astrologie und Glück
Alexander von Schlieffen hat in Wien, Frankfurt und Düsseldorf Kunst studiert, unter anderem als Meisterschüler von A.R. Penck. Als er während seines Studiums zufällig auf das Buch „Genius und Dämon“ des Malers, Dichters und Astrologen Thomas Ring stieß, erwachte sein Interesse für die Astrologie. 1991-1994 ließ er sich zum Astrologen ausbilden. Er erstellt persönliche Horoskope, schreibt für Zeitungen und Zeitschriften von Gala bis Welt am Sonntag, hält weltweit Vorträge und veröffentlicht regelmäßig Bücher und Hörbücher.
Die Konstellationen am Himmel verändern sich ständig. Warum ist für die astrologische Betrachtung eines Menschen der Moment der Geburt so wichtig?
Weil es der Anfangsmoment ist, der Samen gewissermaßen. Du nimmst den Augenblick und machst daraus ein ganzes Leben. Goethe, der sich auch mit Astrologie beschäftigt hat, hat es so ausgedrückt:„Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, die Sonne stand zum Gruße der Planeten, (…) so musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen. “ Charakterzüge und Wesen sind angelegt.
Durch die zehn Planeten?
Und die Sonne. Dann gibt es Häuser der Tierkreiszeichen, in denen die Planeten jeweils stehen. Die Deutung ist also sehr vielschichtig, man muss viele Ebenen zusammen kriegen.
Meist findet man sich in Horoskopen ja nur teilweise wieder.
Das Tierkreiszeichen ist nur ein Aspekt. Das persönliche Horoskop ist eine Art Momentaufnahme, es geht darum, wo welche Planeten zum Augenblick der Geburt standen. Wenn jemand zum Beispiel Zwilling ist, im Augenblick der Geburt aber drei Planeten im Stier stehen, wird das Stierhafte stark ausgeprägt sein
Gibt es für die Deutung Regeln? Oder hat jeder sein Astrologe sein eigenes System?
Es gibt Regeln, aber die finale Auslegung der Regeln ist individuell. Es ist wie beim Arzt.
Beim Arzt ergibt sich die finale Deutung aus der Beziehung zwischen Arzt und Patient, in der Astrologie nicht. Als Astrologe kannst du doch ein Horoskop von jemandem erstellen, den Du gar nicht kennst?
Das ist mir sogar lieber. Ich mache sehr gerne so genannte Blinddeutungen, weil dann viel deutlicher wird, was man mithilfe der Astrologie alles für Aussagen machen kann. Ich muss nur wissen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt.
Das Geschlecht spielt eine Rolle?
Ja. Weil es bestimmte Kräfte gibt, die in Männern und Frauen unterschiedlich wirken. Der Mond zum Beispiel, der für das Mütterlich-Gebärende steht, hat im Horoskop eine jeweils andere Bedeutung. Oder die Venus, die für eine bestimmte Form von Attraktivität steht – ein Punkt, an dem eine Frau sehr verletzlich ist.
Inwiefern kann Astrologie konkret Lebenshilfe bieten?
Man kann kein Glück finden, wenn man versucht etwas zu sein, das man nicht ist. Das Horoskop kann einem dabei helfen, zu akzeptieren, wie man angelegt ist und daraus das Beste zu machen, anstatt zu versuchen, etwas zu werden, wofür man einfach nicht gemacht ist.
Wir Menschen haben ja immer mit der Unsicherheit des Lebens zu kämpfen, kann die Astrologie Sicherheit bieten?
Sie kann dabei helfen, zu einer Situation einen gewissen Abstand zu bekommen und Aussagen darüber treffen, was man in einer bestimmten Zeit tun sollte und was lieber nicht. Astrologie kann ja Aussagen über eine Zeit machen, über vorherrschende Konstellationen und wofür sie geeignet sind.
Und das gilt dann für uns alle?
Wir haben generell am Himmel bestimmte Konstellationen, die gelten für alle, wirken aber auf jeden verschieden.
Wie sieht es denn gerade am Himmel aus?
Wir haben seit 2007 recht extreme Konstellationen. Das hat mit einem großen Zyklus zu tun, der alle 700 Jahre großen Wandel bringt. Es geht um einen Epochenwandel, einen Paradigmen-Wechsel.
Und dabei knirscht es ganz schön.
Ja, dieses Jahr ist schon ein schwieriges. Gerade jetzt im Frühjahr. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man an bestimmten Punkten nichts machen kann. Also man kann nur seine Arbeit machen, aber nach außen nicht viel bewirken. Wenn man versucht, etwas zu erreichen, für das die Konstellation nicht da ist, wird es frustrierend.
Man muss also abwarten?
Ja, es gibt parallel auch stabilisierende Faktoren, aber wir müssen erst aus dieser betäubenden Vakuum-Druck-Situation raus.
Wie kommt die denn zustande?
Wir haben den Planeten Saturn, der steht für die Strukturen, die man manifest machen möchte, für die man vielleicht auch schon lange gearbeitet hat. Und auf der anderen Seite den Planten Neptun, der für Visionen und Träume steht, aber auch für die Illusion. Die beiden stehen in einer Dissonanz und das bedeutet, dass es eine Unvereinbarkeit zwischen Traum und Wirklichkeit gibt. Diese Konstellation kann dazu führen, dass man glaubt, dass das, was man sich vorgenommen hat, eine Illusion ist. Dass man darüber nachdenkt, seine Träume zugunsten einer scheinbar realitätstauglicheren Variante aufzugeben. Dazu kommt noch der Mars, der das ganze triebhaft auflädt, wodurch die Frustration im Moment des Aufbegehrens noch schmerzhafter wird.
Das hört sich schwierig an.
Ja, das ist schwierig. Und man hat in so einer Zeit auch schnell das Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen.
Und was soll man tun?
Es geht zurzeit darum, an beiden Polen festzuhalten ohne sie zu diesem Zeitpunkt vereinbaren zu können. Darum, Vision und Realität auszubalancieren – das braucht ein paar Monate.
Nochmal zurück zum Glück: Ich habe gelesen, dass Jupiter und Venus die Planeten sind, die Glück bringen, kann man das so sagen?
Jupiter steht in der klassischen Astrologie für Glück, prinzipiell steht er aber für Wachstum, und Wachstum und Weiterkommen hat mit Glück und Perspektive zu tun. Die Planeten symbolisieren die Elementarkräfte des Lebens, die für sich genommen weder glücklich noch unglücklich sind. Es kann ja auch das Verkehrte wachsen. Auch Hitler hatte einen guten Jupiter.
Es ist also nicht so eindeutig?
Prinzipiell kann man sagen, dass Menschen in einer Jupiter-Konstellation in die Fülle kommen, dass Dinge einfacher werden. Da kommen Sachen zusammen. Aber im modernen Verständnis der Astrologie geht es nicht darum, zu warten, dass das Glück kommt. Sondern eher darum, die Ernte einzufahren für das, wofür man vorher gearbeitet hat.
Das Glück fällt einem also nicht in den Schoß nur weil die Sterne gut stehen?
Da fällt nur etwas hin, wenn der Schoß offen ist.
Auch von Venus wird als Glücksplanet gesprochen, welche Rolle spielt die?
Venus hat mit Ausgeglichenheit zu tun. Damit, andere einzubeziehen. Andere einzubeziehen, macht beliebt. Venus und Jupiter stehen also für Glück und Beliebtheit. Menschen, die das in ihrem Naturell stark haben, also in ihrem Horoskop, sind eher großzügig, optimistisch und einladend und das alleine ist oft ein Magnet für Erfolg und Glück.
Also man kann durchaus sagen, dass jemand unter einem glücklichen Stern geboren ist?
Ja, schon. Es ist nur so, dass zu viel Günstiges den Menschen auch verteigen kann. Es kann bedeuten, dass jemand verwöhnt wird und dann aus wahnsinnig viel günstigen Umständen ganz wenig wird. Da gibt es Leute, von denen man in der Jugend denkt: ‚Der wird mal eine ganz große Nummer’ und der krepelt später nur noch an der Fußleiste entlang. Weil er nie gelernt hat, die Gunst auch mal in Arbeit umzusetzen. Dann gibt es Leute, die haben schwierige Horoskope, die müssen hart arbeiten, aber nachdem sich die Härten abgeschliffen haben, kommt eine Leichtigkeit
Also sind zu viel glückliche Sterne auch nicht gut?
Natürlich ist es schön, gerade, wenn es um das eigene Kind geht, wenn man im Horoskop sieht, dass da positive Fügungen drin sind und das Komplizierte nicht überwiegt.
Du bist selbst Vater – spielt das Horoskop für dich eine Rolle in der Erziehung deines Sohnes?Eher nicht, dafür bin zu nah an ihm dran. Aber es gibt bestimmte Dinge in seinem Leben, von denen ich weiß, dass sie zu seinem Horoskop passen. Mein Sohn hat einen sehr starken Mars und er macht Leistungssport, das passt.
Die Persönlichkeit eines Menschen ist für sein Glück ja eher noch wichtiger als die Umstände, gibt es Konstellationen, die unglücklich machen?
Ja. Bestimmte Konstellationen arbeiten gegeneinander, das ist schwierig. Da neigt man dazu, das an der Umwelt auszulassen und das ist für das Glück kontraproduktiv.
Und da hat man dann einfach Pech?
Wenn jemand eine schwierige Konstellation hat, geht es für ihn darum, eine Ausdrucksmöglichkeit zu finden, sie als konstruktives Stimulanz zu nutzen. Menschen, die Großes leisten, haben nicht einfach glückliche Anlagen. Die haben einen tierischen Turbo in ihrer Anlage, der sie überhaupt erst dazu treibt, etwas Besonderes zu machen.
Glück würde in diesem Sinne bedeuten, dass an eine gesunde Beziehung zu seiner Anlage hat, wie komisch die auch ist. Dass man versucht, aus der etwas Konstruktives zu machen und darin eErfüllung zu finden.
Was wäre denn so eine Konstellation, die immer schwierig ist?
Widder und Steinbock zum Beispiel, wenn die sich gegenseitig blockieren, dann hat man schnell das Gefühl der Frustration und projiziert das gerne auf die Außenwelt. Es kommt einem dann ständig so vor, als ob andere einen behindern. Es gibt schon Konstellationen, die Menschen im Umgang mit ihrer Umwelt kompliziert machen. Die lösen dann ihr Unglück selber aus.
Wir haben jetzt über schwierige Konstellationen in einem Menschen gesprochen, aber relevant ist das natürlich auch für Beziehungen. Gibt es Menschen, die überhaupt nicht zusammen passen können, weil ihre Horoskope so widersprüchlich sind?
Prinzipiell kann man da ja sagen. Aber es hängt auch wieder von der individuellen Konstitution ab, ob man eher für etwas Kompliziertes geschaffen ist oder nicht.
Wie meinst Du das?
Wenn zum Beispiel die Mann-Frau-Archetypen, wie C.G.Jung es nennt, in einem Horoskop harmonisch sind, dann ist der Mensch ausgeglichen und strahlt eine harmonische Energie aus, das prägt auch seine Beziehungen.
Würdest du jemandem explizit von einer Beziehung abraten?
Man kann da schon etwas dazu sagen, aber ich mache das nicht gerne. Manchmal muss man ja auch durch eine scheinbar falsche Entscheidung durch gehen, um zu etwas Richtigem zu kommen. Man muss aufpassen, jemanden davor nicht zu behüten.
Hältst du es grundsätzlich für sinnvoll, sich die Sterne anzuschauen, wenn man bestimmte Lebensentscheidungen zu treffen hat, also zum Beispiel, wenn man sich selbstständig zu machen möchte?
Auf jeden Fall. Es gibt ganz bestimmte Konstellationen, unter denen würde ich das niemals empfehlen.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Deiner künstlerischen Arbeit und der Astrologie?
Es gibt Parallelen. Es geht um Präzision im Zuordnen, diese Präzision spielt in der Malerei auch eine Rolle.
Für mich sind Malerei, Musik und Astrologie wie verschiedene Sprachen. In jeder Sprache kommt ein anderer Aspekt der Persönlichkeit zum Vorschein, man braucht sie alle, weil man seine Anliegen nicht nur in einer Sprache ausdrücken kann.
Nutzt du den Blick in die Sterne für dich persönlich?
Wenig. Ich bin in der Beschäftigung mit Astrologie nicht persönlich-therapeutisch motiviert. Ich betreibe es aus Freude und Leidenschaft, die Frage des Nutzens ist für mich zweitrangig. Ich kann dir etwas erzählen über dein Horoskop, das dir vielleicht hilft, aber es geht mir um Erkenntnisfreude. Erkenntnisgewinn ist immer großartig.
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