“Nach indigenem Verständnis hat jedes Lebewesen seinen Platz auf dieser Welt, sein ganz eigenes ‘Design’, das mit einer Aufgabe verbunden ist. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: ‘Erfüllen wir unsere Lebensaufgabe?’
Ich glaube, wir wissen gar nicht mehr, wie wir geschaffen sind und dass wir mit allen anderen Wesen verbunden sind. Wir sind ein ‘interbeing’.
Die Menschheit ist traumatisiert und das seit vielen Generationen. Das liegt daran, dass wir unsere Welt und unser Verständnis davon, wie die Welt funktioniert nach einem Muster ausgerichtet haben, das ich das „Power-over-Paradigma“ nenne. In diesem Paradigma ist es nötig, für die Erfüllung der Grundbedürfnisse wie Sicherheit, Nahrung und Kleidung, Macht über andere auszuüben, sie zu unterdrücken. Natürlich werden wir in einem solchen Paradigma traumatisiert und zwar egal, ob wir zu den Unterdrückern oder den Unterdrückten gehören. Machen wir uns nichts vor: ‘Macht über’ bedeutet Blutvergießen, Zerstörung, Unterdrückung. Ein solches System ist nur mit Gewalt aufrecht zu erhalten. Wir haben die Gewalt zivilisiert, aber sie liegt nur knapp unter der Oberfläche. Sobald irgendwo eine Störung eintritt, bricht die Gewalt durch. Es ist die Logik dieses Systems, das ‘Survival of the fittest’ zu einem biologischen Prinzip erklärt hat. Inzwischen ist diese Vorstellung wissenschaftlich überholt, tatsächlich überleben diejenigen am besten durch, die am erfolgreichsten kooperieren.
Wir verwenden viel Energie, bestehende Systeme zu kritisieren – das Wirtschaftssystem, das politische System, das Gesundheitssystem oder das Erziehungssystem und erkennen nicht, dass all diese Systeme einen gravierenden Mangel haben: Sie sind nicht so entworfen, dass das Leben im Mittelpunkt steht. Daher helfen uns all diese Systeme bei den gravierenden Problemen, vor denen wir stehen auch nicht weiter.
Dabei gibt es noch ein ganz anderes Paradigma, in dem indigene Völker über Jahrtausende gelebt haben. Ich nenne es erdbasiertes Paradigma. In diesem Paradigma herrscht eine andere Ökonomie, die Ökonomie der furchtlosen Großzügigkeit und radikalen Fülle. Hier ist die Frage nicht: Wer kriegt was? Sondern: Wie drücken wir unsere Dankbarkeit für diese Fülle aus? Wie feiern wir sie?
Es kommt dann oft die Frage: ‘Sollen wir etwa in die Steinzeit zurückkehren, primitiv leben?’ Ich sage: Es geht nicht darum, sich irgendwohin zurück zu entwickeln, sondern endlich hier anzukommen. Zu erkennen, wo wir sind: auf einem lebendigen Planeten, der uns mit allem versorgt, was wir brauchen, ohne den wir gar kein Leben hätten. Es mangelt uns an nichts.
Was wir im Moment am dringendsten brauchen ist radikale Selbst-Liebe und radikales Selbst-Vertrauen. Meine Stammesälteren sagen: Du wurdest als Schönheit in die Schönheit geboren für ein freudiges Leben. Wenn wir das fühlen könnten, würden wir anders handeln.
Dieser Text ist ein Auszug aus einem Gespräch mit Pat McCabe und, das Kosha Joubert im Rahmen des Collective Trauma Summit geführt hat. Noch bis zum 20.10. kann man das komplette Gespräch kostenlos hier sehen: http://www.collectivetraumasummit.com